28. SONNTAG im Jahreskreis

Weish 7,7-11

Markus 10,17-27

 

„Die Welt ist ganz anders geworden“, hört man oft sagen. Damit sind nicht sosehr die äußeren Umstände, der technische Fortschritt gemeint, sondern die Einstellung der Menschen. Was ist heutzutage das Wichtige im Leben? Was macht unser Leben wertvoll? Welche Werte streben wir an?

Die Nachkriegszeit ist bestimmt gewesen von Aufbau, Leistung, Disziplin und Verzicht, Fleiß, Treue, Gehorsam, Pflichtbewusstsein, Pünktlichkeit, Ordnungsliebe. Das waren die hochstehenden Werte. Dann kam der Umschwung: Genau diese genannten Verhaltensweisen wurden nun beschuldigt, zu den Katastrophen des 20. Jhts., den Weltkriegen und Auschwitz geführt zu haben. Es sollten andere Werte ins Zentrum treten: Selbstverwirklichung, Emanzipation, Kreativität, Konfliktfähigkeit, Nonkonformität, Gleichberechtigung. Die Erziehung der Kinder sollte nicht auf Ordnung, Sauberkeit und Gehorsam ausgerichtet sein, sondern auf Autonomie, Fantasie und Unabhängigkeit. Sie musste antiautoritär sein. Gott und Religion wurden immer mehr aus dem Leben verdrängt, wurden überflüssig.

Man bekommt so das Gefühl, dass es aber einen neuen ‚Gott‘, die Wirtschaft, gibt. Jeden Tag wird im Fernsehen an erster Stelle über sie geredet: Um wie viel Prozentpunkte steigert sich die Wirtschaft oder fällt sie zurück? Und immer wieder kommt dann die Drohung, das wieder Arbeitsplätze verloren gehen werden. Untergangsstimmung wird verbreitet. Der Gott ‚Wirtschaft‘, der höchste Wert ist bedroht!

Dabei vergisst man, dass es in der Wirtschaft im Grunde genommen nur um Steigerung des Gewinns, um Profit geht. Die Menschen sollen so viel wie möglich konsumieren, damit man mehr produzieren kann. Es werden sogar immer mehr Dinge produziert, die man eigentlich nicht braucht. Konsum und Produktion scheinen die höchsten Werte in unserer modernen Gesellschaft zu sein. Läuft da nicht etwas schief? Ist das nicht ein Kreislauf, der irgendwann nicht mehr funktionieren kann? Kommen wir so zu echter Lebenserfüllung, werden wir so zu glücklicheren Menschen?

„Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen, um endgültig glücklich zu werden?“, fragt der Mann im Evangelium. Im Grunde genommen ist das das tiefste Verlangen, die tiefste Sehnsucht eines jeden Menschen. Aber die Antwort von Jesus ist überraschend: Halte die Gebote, halte dich an die Weisungen Gottes: Nicht morden, nicht die Ehe brechen, nicht stehlen, nichts Unwahres über deinen Mitmenschen sagen, niemand berauben... Positiv formuliert heißt das: Wir sollen die zwischenmenschlichen Beziehungen pflegen, damit ein friedvolles, befriedigendes Zusammenleben möglich ist. Um diese Lebenswerte soll es uns gehen.

Der Mann im Evangelium ist mit dieser allgemeinen Antwort von Jesus nicht zufrieden. Von Kind an hat er das alles angestrebt. Aber ob das genügt? Tief in sich spürt er, dass ihm etwas fehlt. Deswegen berührt Jesus seine Schwachstelle. Er ist ein guter, aber auch ein reicher Mann. Das Wichtigste in seinem Leben ist sein Besitz, sein Reichtum. Und Jesus meint: Dieser Mann soll sich von einer falschen Abhängigkeit befreien. Darauf soll er verzichten? Traurig geht der Mann weg. Das ist zu viel verlangt! Und Jesus schließt: Es ist sehr schwer sich für das Reich Gottes, für die Welt Gottes zu engagieren, wenn das Herz zu stark z.B. am materiellen Besitz hängt. Man muss im Leben Prioritäten setzen. Die richtigen Werte obenan stellen.

Was muss ich tun, um glücklich zu werden? Wie finde ich zu einem sinnerfüllten, geglückten Leben, jetzt, in diesem Leben? Du sollst dein Herz nicht an falsche, relative Dinge hängen, sie nicht zu deinem Gott machen. Jesus folgen, mich einsetzen für das Reich Gottes, hier und jetzt, dass ist die wahre Weisheit, die zur letzten Lebenserfüllung führt. In der ersten Lesung wird sie die Weisheit Gottes genannt: Reichtum ist mir nichts verglichen mit ihr. Der kostbarste Edelstein erscheint mir wertlos neben ihr; Gold kommt mir ihr gegenüber vor wie gewöhnlicher Sand und Silber wie Straßenstaub.

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